Diesen
Tag im Rückblick auf eine Reihe zu kriegen, scheint mir geradezu unmöglich.
Das Erste, an was ich mich erinnere, ist Scheiße.
Ich muss mich, nachdem ich von oben runter gekommen bin, nochmal kurz
hingelegt haben. Als ich aufstehe, seh ich, der Teppich ist nass. Unser
schlanker, schwarzer Hund zieht schuldbewusst seinen Schwanz ein. Ich
schaue um mich, es ist unglaublich wie überladen unser Zimmer ist. Bücher,
Hefte, Kleider, Haushaltsdinge... Als Evry aufsteht, fällt die Decke
auf den Teppich. Mir ist klar, was das bedeutet. Sie hebt sie hoch –
nass. Durch die ganze Unordnung schon gereizt, schlage ich die Hände
vors Gesicht. ,,Hast
du denn überhaupt einen Bezug zum Wechseln", rufe ich zu laut.
,,Hab ich
doch!" sagt sie mit einer Stimme, die mich in Dämmstoff kleidet.
Noch immer bin ich außer mir: ,,Ich
halt es nicht aus!", schreie ich.
Erst mit ihrem: ,,Jetzt
fass dich doch!" bringt sie mich zur Besinnung. Das
hätten wir überstanden. Aber es war noch nicht alles.
Als ich
in die Flurhalle hinausgehe, sehe ich unsere drei Ziegen mit Kot auf
dem Rücken. Nicht ihre schwarzen, trockenen Böbbel, die von selber
runterfallen würden, sondern richtig braune, schmierige Scheiße.
Ich weiß nicht, wie sie das hingekriegt haben. Am meisten die Große.
Sie trottet, als sie mich sieht, zum Ausgang. Ich habe nichts in Reichweite,
womit ich den Dreck entfernen könnte und gehe deshalb nur zaghaft hinter
ihr her. Wie ich rauskomme, ist die Große weg.
Na, auch das noch, darf ich jetzt der Ziege hinterher rennen. Aufgeregte
Stimmen von Kindern, ich glaube ich habe Glück, sie scheinen sie einzufangen.
Auf zwei übereinander gelegten dünnen Brettern überquer ich den Bach.
Da ist sie ja, sie haben sie.
Aber wie jetzt zurück? Jetzt haben die Jungens auch noch die zwei lommeligen
Bretter weggeholt. Ich staune, wie ruhig ich bleibe.
Das ist die Wirkung jenes Lehrers, der mit der eingesägten Brücke in
den Bach fiel. Er hat unsereins eine heilige Scheu vor den Streichen
der Kinder eingebläut. Geduldig lass ich mich den halben Meter zum Bach
hinab. Lande sogar trocken auf dem angeschwemmten Sand.
Zurück
in der Flurhalle nehm ich einen großen Schluck vom aufgestellten Saft.
Das habe ich allerdings verdient nach der ganzen Aufregung. Die Kinder
sind reingekommen, es ist eine ganze Klasse. Sie sollen auch etwas kriegen.
Ich frage mich, ob’s für alle reicht.
Auf dem Weg zum Hauswartszimmer sprechen mich der Lehrer und ein Begleiter
an: ,,Das
ist unzureichend hier," beschweren sie sich. ,,Die Unterkunft,
die ganze Einrichtung, das wollen wir unseren Schülern nicht zumuten."
Na gut, denk ich, das kann mir ja nur recht sein und gebe zur Antwort:
,,Was glauben Sie, wie’s mir geht. Ich will arbeiten! Denken Sie ich
komme dazu! Mal Ziegen, mal Schulklasse, nie hat man hier seine Ruhe."
Es braucht nicht den Blick der beiden, es sind meine Worte selbst, die
mich erstarren lassen. Ich seh all die Leute, die ich hasse, weil sie,
statt ihre Arbeit schlecht und recht zu machen, nur an sich selbst denken
und unentwegt mit ihrem Schicksal hadern. Ich sehe den schönen Terrakottaboden,
denke an die ganzen sanitären Einrichtungen und an die vielen Zimmer
oben - ideal für Gruppen. Es scheitert nur daran, dass ich für
mich selbst sein will.
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