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Das Parkgebäude
18.07.04

,,Ach, Scheiße", entfährt dem Vorangehenden, als wir in die Etage der Künstler treten. Es muss reingeregnet haben, etwa zwanzig Zentimeter hoch steht das Wasser. Das Gebäude ist an den Seiten offen, gleich einem Parkhaus. ,,Trotzdem sollte das nicht passieren", meint der Künstler, der hier in die Schule geht und künstlerisch arbeitet.
Jemand ruft: ,,Infektionsgefahr!"
Wir waten durch das Wasser zu den Möbeln. Unsere Begleiterin bleibt zurück. Der junge Künstler flegelt sich aufs Sofa, ich nehme einen Stuhl und ziehe die Füße hoch. ,,Das ist sowieso mein Platz in den theoretischen Stunden", sagt er. Der weitläufige Raum ist in Ateliers und einen Schulungsbereich unterteilt.
Zwei, drei Stunden später ist das Wasser fast weg.
,,Mensch", sagt er auf dem Sofa, ,,hätte man doch nur gleich einen Schlauch gelegt, dann wär’s viel schneller weggegangen."

Es ist vereinbart, dass ich meine Arbeiten vorstellen kann. Dazu führt er mich durch eine Tür in den Treppenabgang. Dieser Bereich ist, im Gegensatz zum sonstigen Gebäude, geschlossen. Wir steigen hinab bis zur Ebene über dem Erdgeschoss. Hier blicken wir durch ein Fenster in üppiges Grün hinaus. Wieder hochsteigend empfiehlt er mir, meine Bilder hier im Treppenhaus aufzuhängen. Ich habe mich schon gewundert, warum er mich durchs Treppenhaus runter und wieder hoch geführt hat.
,,So war’s aber nicht vereinbart", wende ich ein.
,,Ist auch nur ein Vorschlag", wiegelt er ab.
Das Treppenhaus muss älter sein, als der große Rest des Gebäudes. Es ist aus Stein gebaut, wogegen der ganze neuere Teil ein riesiges Stahlgerüst darstellt. Wer die Treppe hochgeht sieht die hier aufgestellten Arbeiten, überlege ich. Aber es gibt keine Absätze auf denen man verweilen und Gespräche führen könnte. Ich vermute in diesem Vorschlag einen neuen Beweis ihrer Skepsis gegen meine Kunst.
Sie wollen verhindern, dass es in ihrer Etage zum Gespräch über meine Objekte kommt, argwöhne ich.
Immerhin wendet er sich meinen Plastiken zu. Er
kniet nieder und betastet eines der Objekte. Geht sie mit den Fingern durch, wie ein Blinder und die nächste auch. Ich habe verschiedene Arbeiten mitgebracht, die meisten stellen Gebäude dar, von einer oder von mehreren Etagen. So genau hat er sie bisher noch nie gemustert, es scheint ihm Spaß zu machen. Aber, wo sie nun ausgestellt werden, legt er sich nicht fest.

Die Mittagszeit verbringe ich oben. Die Bekannten wissen zwar, dass ich wieder diesen speziellen Dienst angenommen habe. Trotzdem reagieren sie mit Befremden, als ich mittendrin aufspringe und weggehe. Ich hüte mich zu sagen, dass mir dieser Dienst Spaß macht.
Ich gehe zum Schacht, dessen Deckel ist mitten im Spielgelände. Doch überleg ich’s mir anders, ich will den offenen Weg hinunter gehen. Durch den Dienst bin ich fitter geworden, ich renne. Ein Junge vom Spielplatz schließt sich an und überholt mich.
„Kann es sein, dass du etwas alt geworden bist?“, ruft er provozierend.
Ach, ich lass ihm gerne den Vorsprung. Er folgt mir weiter, obwohl dieser Abgang durch gefährliches Terrain führt. Der Weg geht entlang den steilen Schlaufen, auf denen die Autos die Gebäudehöhen überwinden. Ein wüstes, schwarzes Niemandsland. Wir müssen schnell machen, wenn die Wagen fahren, ist’s hier nicht auszuhalten. Es scheint alles marode. Wir stoßen auf ein Metallteil, das den Wartungssteg versperrt. Es ist eine Stoßstange samt Leuchten links und rechts. Ich muss sie auf die Fahrbahn biegen, damit wir durchkommen. Der Erste wird einen Blechschaden einfangen, aber ich habe keine Zeit das Ding ordentlich zurückzubiegen, wegen dem Kind. Die Steine der Zwischenschichten bröckeln und bleiben am Rand liegen. Endlich erreichen wir den Einsatzort.

Der Junge ist ganz still und schaut umher. Am Bildschirm erscheint ein Uniformierter: "Ich hatte ein Meldung um 14.30. Bin aber eingenickt. Weiß jemand was?", fragt er.
Der Raum befindet sich in halber Höhe zwischen oben und unten. Von hier aus werden die Einsätze gefahren.

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